Voll angekommen: die Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung redet drumherum

17.05.2024

Voll angekommen: die Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung redet drumherum

Die Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung, Claudia Moll, ist scheinbar voll in ihrer Rolle als Vertreterin der Politik angekommen und lässt die Rhetorik einer Vertreterin der Pflegekräfte im Land hinter sich. Stattdessen redet sich im Interview mit der Rechtsdepesche um klare Antworten herum und strahlt mit einer nichtssagenden Broschüre.

Die Frage nach der Bedeutung des Amts wird immer größer.

Eine Broschüre, die Fragen aufwirft

Die Aufgabenverteilung zwischen Pflegebeauftragter und Gesundheitsminister scheint sich herauszukristallisieren: Frau Moll ist die Beauftragte für warme Worte und eine Ästhetik der Veränderung, während Herr Lauterbach sich in Gremien positionieren kann.

Diese geschlechterkonforme Arbeitsteilung spiegelt sich unangenehm sogar in der Bebilderung der von Frau Molls Abteilung herausgegebenen Broschüre „Pflege jetzt gestalten“: Pflegeleistungen und – Beratung ist mit dienstleistenden Frauen illustriert. Wenn es dann an die Stärkung von Prävention (ein Steckenpferd des Sachverständigenrats) geht oder das Verhandeln (Erbetteln) von zusätzlichen Kompetenzen von Ärzten (analog zum Arztvorbehalt), dann sind die Bilder rein männlich.

Da geht sie hin, die Solidarität

Fataler ist aber die Darstellung von Problemen in der Broschüre. Einerseits bleiben die Maßnahmenhinweise gewohnt allgemein. Andererseits zeigt die Beschreibung der Problematik rund um privat angestellte 24-h-Arbeitskräfte dass auch Frau Moll klare Grenzen zieht zwischen „professionellen Pflegekräften“, mit denen sie Solidarität beschwört, und den Frauen, die für diese Tätigkeiten nach Deutschland geholt werden. Pflege ist überall psychisch und körperlich belastend – aber bei den rechtswidrigen Vertragskonstrukten, die die Frauen zu permanenter Verfügbarkeit ohne echte Absicherung zwingt, ist das Problem plötzlich, dass sich auch die (in der Regel extrem wohlhabenden) Familien der pflegebedürftigen Menschen an Gesetze halten müssen: „Schnell werden Familien zu Arbeitgebern, müssen Sozialabgaben und Steuern abführen, den Mindestlohn und die Höchstarbeitszeit einhalten.“

Familien WERDEN nicht zu Arbeitgeber*innen, sie SIND Arbeitgeber*innen. Wie kann die Bezahlung einer fremden Person für die Rundumbetreuung einer Person plötzlich keine Arbeit sein, nur weil die Leistung nicht von jemandem erbracht wird, der in Deutschland groß geworden ist?

Aber auch allgemein rückt Frau Moll von ihrer ursprünglichen Solidarität mit den Pflegenden ab: zum Thema „Gewalt in der Pflege“ ist nur die Rede von von Gewalt gegen Pflegebedürftige – die in einem Zug mit finanziellen oder rechtlichen Nachteilen genannt wird.

Ein Interview mit Plattitüden

Im Interview bleibt Frau Moll sich selbst und ihrer Broschüre so treu, dass sie bestimmte Sätze sogar auswendig einfach wiedergibt.

Das hat den großen Vorteil, dass man ihr in Zukunft sicher weniger Beachtung schenken muss: es wiederholt sich.